ILfest - Italienisches Literaturfestival München

Zum diesjährigen roten Faden hat uns der italienische Schriftsteller Domenico Starnone angeregt, der in seinem letzten Essayband schreibt: Zum Menschen wird man, Menschwerden ist ein andauernder Prozess ungewissen Ausgangs, und dazu trägt in nicht geringem Maße die Literatur bei“. *

Über unser Menschsein nachzudenken bedeutet, die Beziehungen zu hinterfragen, die wir zu Anderen – zu Partnern, Eltern, Kindern, Gesellschaft, sogar der Natur – unterhalten. Im Umgang mit der Andersartigkeit unseres Gegenübers entdecken und stärken wir unsere Individualität. Dabei lernen wir auch unsere dunklen Seiten kennen, wir erkennen sie in den anderen Menschen und akzeptieren sie. Die Literatur ermöglicht es, uns in das Leben der anderen hineinzuversetzen, um die Fragen zu beantworten: Wer bin ich? Wer sind die anderen? Wer oder was ist das Andere?

Die Antwort darauf hängt oft davon ab, was wir in der Kindheit erlebt haben. Liebe in Übermaß kann uns in Beziehungen einsperren, die uns den Lebensraum einschränken. Sie kann dann ins Gegenteil umschlagen, und in Abneigung, Hass oder sogar in Gewalt eskalieren, wie wir heute leider zu oft sehen.

Die Qualität unserer Beziehungen innerhalb der Familie macht aus uns Erwachsene, die selbstständig und offen beziehungsweise ängstlich und verschlossen sind. Die Sprache, die wir verwenden (oder nicht verwenden), vermittelt unsere Art, Mensch zu sein. All dies wirkt sich darauf aus, wie sich die Gesellschaft insgesamt gegenüber den Anderen, dem Andersartigen, dem Fremden verhält.

Sprache hat die Macht, Wirklichkeit zu erschaffen, Literatur ist das Instrument, um sowohl unsere Welt zu verstehen als auch die Welt der anderen zu erfahren. Und darin besteht die Faszination, die das geschriebene Wort auf den Schriftsteller nicht weniger als auf den Leser ausübt.

(*Domenico Starnone, L’umanità è un tirocinio, Einaudi 2023)

Wir diskutieren darüber mit Domenico Starnone sowie mit Laura Pigozzi, Psychotherapeutin, Autorin von Amori tossici, Troppa famiglia fa male, Adolescenza zero, Gaia Manzini Autorin von Nessuna parola dice di noi (Bompiani)/Keine Worte sagen von uns (nonsoloverlag 2024), Maddalena Vaglio Tanet, deren Roman Tornare dal bosco beim Literaturpreis Premio Strega 2023 nominiert war und im Herbst bei Suhrkamp erscheint, Nicolò Moscatelli, der mit I calcagnanti (La nave di Teseo) den Premio Italo Calvino 2022 gewann, und mit den Krimiautoren Carlo Lucarelli und Harald Gilbers.

Eine Veranstaltung widmet sich drei großen Schriftstellerinnen des 20. Jahrhunderts: Alba de Cespedes, Sibilla Aleramo und Elsa Morante. Im Gespräch mit einer Übersetzerin, einer Verlegerin und einer Autorin gehen wir der Frage nach, warum die Werke dieser Autorinnen in den letzten Jahren in Italien wieder verlegt und in Deutschland neu übersetzt werden, und welchen Stellenwert sie für die heutige Schriftstellerinnengeneration haben. Der Sprachwissenschaftler Giuseppe Antonelli wird über die Veränderungen der italienischen Sprache in den letzten Jahren unter dem Einfluss von Digitalisierung und AI referieren. Wie sich diese Entwicklung auch auf das Übersetzen auswirkt, wird auch im Workshop mit den ÜbersetzerInnen aus München besprochen. Die Stadtbibliothek Neuhausen trägt mit einer Kinderlesung zum Programm bei.

Die Veranstaltungen sind auf Italienisch, Moderatoren und Dolmetscher übersetzen wie immer ins Deutsch.

ILfest, das einzige der italienischen Literatur gewidmete Festival in Deutschland, wird von Elisabetta Cavani von ItalLIBRI und dem von Giulia Sagliardi geleiteten Italienischen Kulturinstitut München organisiert, und durch das Kulturreferat der Stadt München gefördert. Es steht unter der Schirmherrschaft des Italienischen Generalkonsulats.

Informationen: www.ilfest.de

Quelle/Abb.: ilfest